Auftragsklärung als entscheidender Erfolgsfaktor

Beitrag zur Tagung "IT meets Fachabteilung" (euroforum, 11.-12. Juli 2001 in München)

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

ich möchte Ihnen heute vorstellen, warum sowohl für die IT als auch für die Fachabteilung Auftragsklärung ein entscheidender Faktor für den gemeinsamen Weg zum Erfolg ist.

Hierbei möchte ich mehr den menschlichen Faktor betrachten, also unter die Haut der Beteiligten gehen. Auch polarisieren, um besser zusammenfügen zu können.

Zur Person:

  • In der IT tätig seit 1970
  • 1996: "Vater" des Intranets der Dresdner Bank
  • Derzeit: Abteilungsdirektor und Leiter e-business enabling Services der Dresdner Bank AG
  • Fachjournalist: Objektorientierung, Datenbanken, Internet/Intranet, Glossen, IT-Architekturen, IT-Strategien, Wissensmanagement, Unternehmenskultur, Systembetrieb.
  • Vorstandsmitglied des Zentrums für angewandte Informatik an der Fachhochschule Darmstadt.

Sie können sich vorstellen, daß ich in den mehr als 30 Jahren schon einige Techniken, Verfahren und Methoden als Moden habe kommen und gehen sehen. Aber Sie können mir glauben, die grundlegende Wahrheit, daß das Umfeld und die eigene Arbeit erst mal organisiert werden müssen, ist geblieben.


Kapitel: Abbildungen, Tabellen, Anmerkungen:
Mail an Verfasser: Theo Saleck

gotop.gifIst die Sprachlosigkeit zwischen Kaufleuten und Technikern systemimmanent ? Ja, sie ist.

itmfb03i.gifBild 3: Ist die Sprachlosigkeit systemimmanent ?

Wenn wir das Verhältnis zwischen Kaufleuten und Technikern betrachten, stoßen wir immer wieder auf eine große Sprachlosigkeit. Eine Sprachlosigkeit, in deren Spannungsfeld man den Reißwolf hört, der das eingesetzte Geld vernichtet.

Hier drängt sich die Frage auf, ob diese Sprachlosigkeit systemimmanent ist. Ja, sie ist systemimmanent, wie sie zwischen verschiedenen Gruppen und Teilgruppen von Menschen leider oft systemimmanent ist.

Daß das in unserem heutigen vernetzten Business tödlich wirkt, ist dem Tier "Mensch" vollkommen egal. Nicht egal darf es dem "Verstandesmenschen" und "Homo Sapiens" sein.

Wir dürfen aber nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern müssen bei uns selbst anfangen und uns fragen, wie wir die Ursachen verstehen und wie wir damit umgehen. Nur bei einem tiefen Verständnis der Ursachen dieser Sprachlosigkeit kann sie auch überwunden werden.



gotop.gifDie Ursachen müssen erkannt, begriffen und überwunden werden

Was sind nun die Ursachen für die Mißverständnisse zwischen den Menschen und ihren Gruppen? Hier brauchen wir uns nicht einzubilden, daß die Gelegenheiten zu Mißverständnissen zwischen IT und Fachabteilung andere wären als irgendwo zwischen beliebigen Menschen.

Aber gerade hier, wo wir uns auf einem Abstraktionsniveau befinden, das irgendwo "unmenschlich" oder fast zu sagen "übermenschlich?" ist und wo es auf eine Präzision der Begriffe, Definitionen und Vorgehensweisen ankommt, die das Gefühl nicht mehr "begreift", zeichnet sich der Unterschied zu unserer Veranlagung als "bewaffneter Affe" umso deutlicher ab.

Und wenn das Ganze unter den Teppich gekehrt wird, kommen die Überkompensationen umso stärker wieder zum Vorschein. Also, beschäftigen wir uns mit den Ursachen, um sie zu überwinden.

Wir können die Ursachen in 4 Blöcke einteilen:

  • Menschheitsgeschichte
    Da ist einmal die Menschheitsgeschichte mit ihren Steinzeithormonen, dem Revierverhalten, der Gruppendynamik und der unbewussten Körpersprache
  • Angst
    Da gibt es die Angst vor Veränderung, vor fremder Materie, dem Bloßstellen und dem Machtverlust
  • Kontext
    Da haben wir den Kontext eines jeden Individuums oder auch einer Gruppe mit seinem oder ihrem speziellen Lebens- oder Entwicklungsweg, der genossenen Ausbildung, der individuellen oder gemeinsamen Erfahrung und der Dynamik, der ein solcher Kontext ausgesetzt ist, oder die der Einzelne bzw. die Gruppe entfaltet.
  • Wahrnehmung
    Und nicht zuletzt ist da die Wahrnehmung sowohl der Umwelt als auch von sich selbst (im Selbstbild). Auch sagt die Differenzierung bzw. Differenziertheit der Sprache einiges über die Wahrnehmung aus. Und letztlich können Sinnestäuschungen unser Wahrnehmen verzerren oder auch gänzlich umkehren.

Aber hierzu jetzt ins Detail:


gotop.gifUrsachen der Sprachlosigkeit: Menschheitsgeschichte

itmfb04i.gifBild 4: Menschheitsgeschichte

Hier sehen Sie unseren "modernen Menschen", vollgepumpt mit Steinzeithormonen.

Der Mensch ist nun mal keine neu entwickelte Maschine, sondern ein sehr, sehr historisches Gewächs, das mit seinen Verhaltensweisen aus Urzeiten kämpft. Hieraus resultiert auch das Revierverhalten mit den verschiedenen Angriffs- und Fluchtdistanzen. Nur, daß diese Distanzen nicht mehr nur auf die räumliche und körperliche Distanz fixiert sind, sondern auch auf ein ideelles "in die Enge getrieben werden" ansprechen. Auch das Imponiergehabe, dem wir oft begegnen, ist Teil des Revierverhaltens.

H.G. Wunderlich hat dies treffend im Detail in seinem 1974 im Hamburg erschienenen Buch

  • "Die Steinzeit ist noch nicht zu Ende. Eine Archäologie der menschlichen Seele"

beschrieben.

Auch das Verhalten in der Gruppe und der Gruppen untereinander ist von urtümlichen Riten und Verhaltensweisen beeinflußt. Nicht zuletzt brechen hier auch die Muster der Herrschaft über Gruppen mit dem Anspruch des Sexualreviers, der Weitergabe des eigenen Genoms, unbewusst durch.

Hier auch einschlägige Literatur:

  • William F. Allmann: Mammutjäger in der Metro: Wie das Erbe der Evolution unser Denken und Verhalten prägt
  • Martin Pagé: Managen wie die Wilden: Die Stammesriten der Primitiven und der Führungsstil in unserer Wirtschaft
  • Desmond Morris: Der Mensch, mit dem wir leben

Ein weiterer großer Einflußfaktor ist die Körpersprache als Ausdrucksmittel, das weit mehr Informationen vermittelt als das konkret gesprochene Wort. Hier ist als Literatur das Buch

  • "Körpersprache" von Samy Molcho
  • oder "Körpersprache für Manager" von Horst Rückle
zu empfehlen.



gotop.gifUrsachen der Sprachlosigkeit: Angst

itmfb05i.gifBild 5: Angst

Aus der historischen Entwicklung her kommt die Angst des Menschen. Die Angst vor dem Fremden und dem Unbekannten ist tief in der Kreatur verwurzelt und hatte in der Vergangenheit auch ihre Berechtigung. Im modernen Berufsleben ist es nicht mehr möglich, der Angst nachzugeben und einfach zu flüchten. Der Mensch steht zwischen zwei Wogen, von der einen Seite die andauernde Veränderung, auf der anderen Seite die anflutende Angst. Sie können sich vorstellen, daß er als Schwimmer sehr schnell und geschickt sein muß, um nicht unterzugehen.

Ich will hier den Übergang zu unserem konkreten Problem beginnen und lediglich die Ängste aufführen, die Ihnen im Umgang mit Ihren Partnern bezüglich "IT meets Fachabteilung" begegnen.

Oft stehen Sie als Partner einem solchen "Menschen zwischen den Wogen" gegenüber. Er kann nicht beurteilen, ob die ausgestreckte Hand ihn weiter in den Strudel schieben oder herausziehen will. Auch der gutgemeinte Zuruf, daß er sich einen Ruck geben und schwimmen soll, muß ungehört verhallen. Wohlgemerkt, diese Situation kann in unserer Konstellation auf beiden Seiten eintreten.

  • Ihr Gegenüber kann Angst vor Veränderung haben. Er muß vielleicht mit neuen Systemen umgehen oder hat neue Aufgaben übernommen.
  • Er kann aber auch einfach Angst vor der fremden Materie haben. Er weiß nichts über das, was aktuell zur Diskussion steht, hat kein Wissen über das, was verlangt wird. Damit kommt auch kein Wille auf, sich mit der vorliegenden Komplexität auseinanderzusetzen.
  • Er kann aber auch Angst haben, bloßgestellt zu werden, vor anderen zugeben zu müssen, daß er etwas nicht weiß, etwas nicht beherrscht.
  • Hinzu kommt in vielen Fällen noch die Angst vor einem Machtverlust, daß heißt, Kompetenz und Einfluß abgeben zu müssen. Daß die Angst vor einem Machtverlust meist nicht realistisch ist und bei einer Zusammenarbeit viel eher in einer Festigung der Position mündet, wird in diesem Moment nicht realisiert. Hier ist viel Einfühlungsvermögen, Vertrauensbildung und Überzeugungsarbeit zu leisten.

Die Angst ist nicht nur auf die aktuelle Situation begrenzt, sie zeigt auch Folgen für das gesamte Verhalten und den Lebensweg des Menschen. Dies geht von der reinen Obrigkeitshörigkeit mit Desinteresse an allem, was nicht befohlen wird über den typischen Pechvogel, der in die negative Grundeinstellung abgleitet bis zu der Überkompensation in Profilsucht oder die Flucht in die Entscheidungsschwäche. In der Folge kann sich der Mensch noch weiteren Suchtformen ergeben. Es muß nicht immer die klassische Sucht sein. Ich denke, daß gerade der Beruhigungsmittel-Mißbrauch in unserer Branche ein großes Problem ist.

Und bitte: Horchen Sie auch mal in sich selbst hinein !



gotop.gifUrsachen der Sprachlosigkeit: Kontext

itmfb06i.gifBild 6: Kontext

Seit der Mensch ein ichbewußtes Einzelwesen geworden ist, macht er sich ein Bild von seiner Welt, oder besser gesagt, er baut sich ein Weltmodell auf, so wie es seiner eigenen Erfahrung entspricht.

Sie dürfen nun nicht glauben, daß wir, die wir uns hier mehr oder weniger zufällig zu einem Thema zusammengefunden haben, auch nur annähernd das gleiche Weltmodell hätten. Das wäre auch ein unwahrscheinlicher Zufall. Ein Weltmodell ist etwas absolut subjektives und nur für ein Individuum gültig. Daß wir uns noch unterhalten können, beruht auf Konventionen, die lediglich an der Oberfläche der individuellen Modelle kratzen.

Ich habe in vielen Gesprächen mit Kollegen, Bekannten und auch völlig fremden Menschen, die man einmalig, vielleicht im Speisewagen eines Fernzuges trifft und die sich dann einem Fremden eher öffnen als der nächsten Umgebung, eine Ahnung von der Vielfältigkeit der Weltmodelle bekommen können. Wenn Sie ein guter Zuhörer oder Zuhörerin sind, werden Sie vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Psychologen und Psychoanalytiker graben hier tiefer, aber ich habe den Verdacht, daß auch sie den Grund nicht erahnen können. Und das ist auch gut so, jedes Modell hat seine Berechtigung und kann nicht gegen andere abgewogen werden. Es ist auch immer noch etwas, was den Menschen von der Maschine unterscheidet und einen Teil der Menschenwürde darstellt.

Für unser Thema heißt dies aber auch, daß die Unterschiede im Dialog erkannt und berücksichtigt werden müssen. Nur dann kann es überhaupt zu einer Übereinstimmung kommen, bei der die beteiligten Parteien das gleiche meinen und das gleiche Verständnis haben.



gotop.gifUrsachen der Sprachlosigkeit: Wahrnehmung

itmfb07i.gifBild 7: Wahrnehmung

Als letzter großer Komplex, der zur Sprachlosigkeit untereinander führen kann, müssen die verschiedenen Wahrnehmungen des einzelnen von sich selbst und von der Welt genannt werden.



gotop.gifWahrnehmung: Selbstbild

Da ist einmal das Selbstbild, das jeder von sich hat. Je nachdem wie dies ausfällt, manifestiert sich das Auftreten nach außen in einem gesunden Selbstbewußtsein oder in Unsicherheit, die oft mit einem überkompensierten, "falschen Selbstbewußtsein" kaschiert wird.

Der selbstbewußte Mensch kann offen sein und sich damit auch mit anderen positiv ergänzen. Zudem kann er kooperieren und dabei Hilfsbereitschaft zeigen. Er braucht sich nicht hinter der Zugehörigkeit zu einer eingebildeten Elite der "Fachleute, die das Geschäft machen" oder der "Techniker, die bescheid wissen" zu verstecken.

Der unsichere Mensch wird oft überheblich und besserwisserisch oder er trägt gerade sein Nichtwissen wie einen Schild vor sich her, den er jedem über den Kopf schlägt nach dem Motto "von Technik verstehe ich doch nichts !!" Es sei jedem zugestanden etwas nichts zu wissen, aber das Nichtwissen zur Waffe zu machen, nenne ich "vorsätzliche Dummheit", und die ist gefährlich für die Kommunikation.

Wenn der unsichere Mensch nicht wie geschildert die Flucht nach vorn antritt, wird ihn die Angst beherrschen, mit allen bereits geschilderten Auswirkungen. Er wird zum "Angstbeißer", was eine vernünftige Kommunikation verhindert.


gotop.gifWahrnehmung: Sprache

Weniger spektakulär aber ungeheuer wichtig ist auch die Sprache, die zur Kommunikation, zur gegenseitigen Wahrnehmung verwendet wird.

Ist die Sprache präzise, wird sie zum Verständnis beitragen und Vertrauen schaffen.

Ist sie ungenau, wird sie Verwirrung stiften und Antipathie erzeugen.

Ungenaue und schwammige Ausdrucksweise sollten wir der Politik überlassen. Hier ist es offensichtlich, welche Verdrossenheit dies erzeugt. Wir benötigen für unsere Tätigkeit eine präzise Sprache.


gotop.gifKomplementäre und ergänzende Wahrnehmung
itmfb08i.gifBild 8: Komplementäre und ergänzende Wahrnehmung

Amüsant und spektakulär sind die verschiedenen Bilder und Darstellungen zu Sinnestäuschungen, angefangen von diversen Vexierbildern (Suchbildrätseln) bis zu den eindrucksvollen Zeichnungen von M. C. Escher.

Weniger amüsant ist, wenn diese Sinnestäuschungen, über die man sich in der Freizeit belustigen mag, im Business unabsehbare Probleme und Schäden verursachen. Ich möchte Ihnen hier eine Auswahl präsentieren, die, übertragen auf die Kommunikation zwischen IT und Fachabteilung, der Ausgangspunkt für die Ihnen allen bekannten großen "Mißverständnisse" sein kann.

Die Ursache ist, daß unsere Wahrnehmung nicht objektiv ist, sondern vom jeweiligen Kontext wie Erwartungshaltung, Erfahrung, Tagesform, Ausbildung und vielem mehr geprägt wird.

Ich will Ihnen einige Beispiele zeigen, die illustrieren, wie unsere Wahrnehmung uns in die Irre führen und das gleiche Bild von verschiedenen Beteiligten subjektiv absolut richtig, aber unterschiedlich interpretiert werden kann.

Komplementäre Wahrnehmung

Es gibt Formen der Wahrnehmung, die verschiedene Interpretationen zulassen, je nachdem, wie Sie das erste mal auf ein Bild schauen. Das frappierende an diesen Bildern ist, daß die Wahrnehmung zwischen den komplementären Sichtweisen buchstäblich in "Gedankenschnelle" hin- und herspringen kann.

  • alte / junge Frau
    Hier erblicken Sie eine alte Frau, nach links unten blickend, das Kinn in den Pelzkragen zurückgezogen, oder eine junge Frau, kokett den Kopf wegdrehend, den Hals entblößt darbietend.
    Probieren Sie einmal, zwischen den Sichtweisen hin- und herzuspringen. Dies klappt, aber beide Interpretationen gleichzeitig im Auge zu haben, scheint unmöglich.
  • Stellung der Kuben
    Ähnlich funktioniert dies mit dem Bild eines Würfels, der einmal nach links unten ragt und man auf die Oberseite blickt, und plötzlich springt das Bild auf einen nach rechts oben stehenden Würfel, auf den man von unten schaut. Auf diesem Bild können sich die Wahrnehmungen sogar mischen.

So wie Sie hier verschiedene Sichtweisen auf ein Bild haben, so haben auch IT und Fachabteilung verschiedene Sichtweisen auf die anstehenden Probleme und Lösungswege. Hierbei kann es durchaus auch an der Tagesform liegen, wer mit welcher Sichtweise beginnt. Wie die Würfel zeigen die Probleme für die Beteiligten in verschiedene Richtungen. Wie bei den Frauen werden verschiedene Gestalten der Aufgabe wahrgenommen. Und in der Interpretation erscheint das Glas dem einen halb voll und dem anderen halb leer. Nur wenn man mit seinem Partner über dessen Interpretation spricht und versucht, diese nachzuvollziehen, statt abzustreiten, kann man zusammenkommen und plötzlich auch die junge Frau sehen. Das sehen und annehmen der verschiedenen Interpretationen ermöglicht die Vermittlung zwischen diesen "Welten".

Ergänzende Wahrnehmung

Eine weitere Form der Sinnestäuschung ist das Wahrnehmen von Dingen, die an dieser Stelle nicht sind. Das Gehirn ergänzt fehlende Teile selbständig.

  • weißes Dreieck
    Hier sind 3 Kreissegmente zu 300 Bogengrad und 3 Linien, die mittig im Winkel von 120 Bogengrad abgeknickt sind abwechselnd in gleichmäßigen Abständen rund um einen unsichtbaren Mittelpunkt angeordnet. Weiter ist dort nichts vorhanden !
    Das Gehirn ergänzt das Ensemble und zeigt in der Mitte ein weißes Dreieck. Sie können sich dem auf den ersten Blick überhaupt nicht entziehen. Nur mit einer gehörigen Portion Konzentration gelingt es, lediglich die vorhandenen Teile zu sehen.



gotop.gifPoggendorf Illusion Example
itmfb09i.gifBild 9: Poggendorf Illusion Example

Ein weiteres Beispiel von ergänzender Wahrnehmung, dem sich unsere Sinne nur unter großen Schwierigkeiten entziehen können, ist das Poggendorf Illusion Example.

  • versetzte Parallelen
    Wir haben hier einen Maler, der zwei Sätze von parallelen Linien (blau und rot) auf die Leinwand bringt und diese ein Stück gegeneinander versetzt. Der Versatz ist ohne weiteres erkennbar.
  • Abdeckung der Anschlußstelle
    Nun geht der Maler hin und deckt die Anschlußstelle der Liniensätze durch einen breiten schwarzen Strich ab. Was geschieht jetzt ?
    Das visuelle System im Hirn ergänzt die fehlende Strecke und sucht dabei Kontinuität auf logischer Basis. Dies hat zur Folge, daß die objektiv versetzten beiden Sätze von parallelen Linien als ein durchgehender Liniensatz erscheinen. Hier ist die Wahrheit nur mit intensiver Konzentration zu erkennen.

Auch bei der Kommunikation zwischen IT und Fachabteilung gibt es abgedeckte oder besser gesagt nicht durchgehend definierte oder ausgesprochene Ansätze, die nicht "passen". Das Hirn jedes Beteiligten sucht auch hier die logische Kontinuität auf seine Weise. Daß etwas nicht stimmt, kommt erst nach Entfernung des "schwarzen Striches" ans Licht. Sie können sicher sein, die fertigen Systeme werden die blinde Stelle durchfahren. Und wenn Sie die parallelen Linien als Geleise sehen, wird der Zug garantiert entgleisen.



gotop.gifDiagnose: Sprachlosigkeit im Überblick

itmfb10i.gifBild 10: Diagnose

Zur Halbzeit will ich Ihnen das Resümee der Analyse zusammenstellen, sozusagen in Form einer Diagnose, bevor wir uns der Therapie zuwenden.



gotop.gifUrsachen für Probleme und Mißverständnisse

Sie sahen bisher, daß die Probleme und Mißverständnisse aus einer Vielzahl unterschiedlicher Ursachen resultieren:

  • Da sind zuerst die "menschlichen Reaktionen", die aus der geschichtlichen Konditionierung, sozusagen dem Urmenschen in uns resultieren.
  • Da gibt es Angst in verschiedenen Spielarten, die einerseits aus der Konditionierung herrührt, andererseits auch aus der gesellschaftlichen Konvention und gruppendynamischen Vorgängen entsteht.
  • Im Hintergrund steht ein für jedes Inividuum unterschiedlicher Kontext, der einerseits den Menschen einen Menschen sein läßt, andererseits die Kommunikation auf der in unserer Branche erforderlichen Abstraktionsebene zum Abenteuer werden läßt.
  • Und nicht zuletzt finden die Konditionierung und der Kontext in einer unterschiedlichen Wahrnehmung ihren Niederschlag, die sich sowohl
    • als Selbstbild mit den Ausprägungen Selbstbewußtsein und Unsicherheit,
    • in der Präzision der Sprache mit ihren Auswirkungen auf die Kommunikationssicherheit,
    • im Rahmen von Sinnestäuschungen als komplementäre Wahrnehmung oder individuelle Ergänzung und Interpretation
    manifestiert.


gotop.gifAuswirkungen auf das Verhältnis zwischen IT und Fachabteilung

Dieses ganze Komglomerat von individuellen Reaktionen und Unwägbarkeiten mündet in die Probleme des Verständnisses der Menschen untereinander. Ich will hier nicht von den vielfältigen Auswirkungen auf politischer oder gesellschaftlicher Ebene reden, sondern die Betrachtung auf das Verhältnis zwischen IT und Fachabteilung, wie es unserem heutigen Thema entspricht, reduzieren.

Auf die Hauptaspekte beschränkt lassen sich folgende Auswirkungen beobachten:

  • Es gibt eine Rivalität im Umgang miteinander. Jeder will als der, der "Ahnung und die Sache im Griff" hat, glänzen.
  • Es herrschen Vorsicht und Mißtrauen bei gemeinsamen Aktivitäten und Vereinbarungen. Weil keiner die Motivation und die Gründe des anderen kennt, hat er Angst, über den Tisch gezogen zu werden.
  • Man vermeidet, sich gegenüber dem Partner zu öffnen, um Probleme gemeinsam zu analysieren. Man taktiert und versucht, seine Motive, Absichten und Überlegungen im Dunkeln zu halten.
  • Durch die unterschiedliche Wahrnehmung des Problemfeldes und seiner Umgebung wird der Gegenüber weder begriffen und schon garnicht verstanden, im Sinne von Verständnis für seine Situation und seine Argumente aufzubringen.
  • Diese unterschiedliche Wahrnehmung zusammen mit dem fehlenden Verständnis füreinander ergibt auch ein unterschiedliches Verständnis von Sachverhalten, Zusammenhängen und Vorgehensweisen. Und hier sind die Gräben schon sehr tief geworden.
  • Natürlich wird in dieser Situation jeder Partner versuchen, durch Annahmen die Kluft zu überwinden. Aber nicht, um Brücken zu bauen, sondern um die nun zum Gegner gewordene andere Seite Abzuschätzen. Es versteht sich fast von selbst, daß dieser Graben entweder voll von unvollständigen Definitionen ist, oder überhaupt keine Gemeinsamkeiten mehr enthält. In diesem Falle wird die Angelegenheit durch abweichende, individuelle Annahmen über die Art des trennenden Mediums vollends zum Desaster.

Auf unser Thema übertragen heißt es, daß wir mit solch vernichtenden Auswirkungen auf beiden Seiten zu rechnen haben. Hierbei soll wirklich keine Schuld zugewiesen, sondern wertfrei auf Ursachen und Wirkungen im Zusammenspiel der Kräfte hingewiesen werden. Dies möche ich nochmals mit allem Nachdruck betonen.


gotop.gifDie Therapie: Überwindung der Sprachlosigkeit

itmfb11i.gifBild 11: Therapie

Die geeignete Therapie zur Diagnose ist die Überwindung der Sprachlosigkeit. Wohlgemerkt, ich sage "Überwindung" und nicht "Bekämpfung". Die Überwindung setzt ein partnerschaftliches Verhältnis voraus und kann nicht im Alleingang durch beispielsweise Überflutung mit Informationen oder taktischer Absicherung nach allen Seiten erreicht werden.



gotop.gifWas sind die Prämissen ?

Bevor wir daran gehen, die Sprachlosigkeit zu überwinden, müssen wir uns erst unsere eigenen Prämissen bzw. die der Abteilung oder unseres Unternehmens, wenn es ein Serviceunternehmen ist, bewußt machen.

Da kommt zuerst die Frage, ob wir die Sprachlosigkeit überwinden wollen oder nur "Geschäft machen". Sie können nun einwenden, daß dieses "entweder / oder" kurzsichtig ist und richtigerweise das erste zum zweiten führt. Das ist natürlich richtig, aber manchmal habe ich auch den Eindruck, daß erst aus der Sprachlosigkeit das so richtig große Geschäft gemacht wird.

Weiterhin muß ich überlegen, wie weit ich mich selbst einbringen will. Die Überwindung von irgendwelchen Barrieren macht Mühe. Aber Mühe ist doch die Grundlage jeder Arbeit, oder ?

Jedenfalls kommen wir durch diese Überlegung zum Spannungsfeld Eigennutz versus Unternehmens-Nutzen. Wer sich Mühe gibt, hat weniger Zeit, an seiner Karriere zu basteln. Und dann kommt es auf die Unternehmenskultur an, welche Seite siegt.

Ich für meinen Teil will mich jedenfalls morgens noch im Spiegel ansehen können, auch wenn bei meiner Gesichtsmatratze wenig zum Rasieren übrig bleibt.


gotop.gifPositionierung der IT in einem Unternehmen

Rückwirkungen auf die Prämissen hat auch die Positionierung der IT in einem Unternehmen, die recht unterschiedlich sein kann.

Diese Darstellung soll ein Denkanstoß sein, der keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt, sondern das Zusammenspiel von Einfluß, Ansehen und der Organisationsform der IT-Einheit darstellt.

Ohne jetzt auf Details einzugehen, kann behauptet werden, daß der formale Einfluß doch recht stark mit der Organisationsform verknüpft ist, während das ideelle Ansehen, das sich in einem indirekten Einfluß manifestieren kann, breit variiert und letztendlich von der Überwindung der Sprachlosigkeit abhängt.

Ich war versucht, in dieser Darstellung noch eine Diagonale einzuziehen, die den Nutzen von links unten nach rechts oben zunehmen läßt. Wenn dies auch auf den ersten Blick logisch erscheint, daß bei hohem Einfluß und hohem Ansehen auch der Nutzen groß sein muß, sah ich doch von der Darstellung ab. Ich mußte an die Fälle denken, bei denen externe Berater mit hohem Ansehen unter viel Einfluß in eine Unternehmung lanciert werden.


gotop.gifDie therapeutischen Maßnahmen

itmfb12i.gifBild 12: Maßnahmen

Die Durchführung der therapeutischen Maßnahmen bedingt eine Kundenorientierung, wie sie in unserer Kultur noch nicht so häufig anzutreffen ist. Gerade bei organisatorischer Nähe der IT-Einheit, bei der man doch ein gewisses Verständnis des "nächsten" erwarten sollte, spielen die "Beziehungskisten" oft eine größere Rolle. Und die "Kundenorientierung" der professionellen Berater riecht doch zu oft nach Einseifaktionen. Sie können mir jetzt vorwerfen, alles viel zu schwarz zu sehen, da können wir drüber diskutieren, aber ich gebe gerne zu, daß ich trotzdem Licht am Ende des Tunnels sehe, auch wenn bis dahin noch viel Geld verbrannt wird.

Peters und Watermann haben schon 1993 in ihrem Klassiker:

  • Auf der Suche nach Spitzenleistungen, Was man von den bestgeführten US-Unternehmen lernen kann
aufgezeigt wie es gehen kann.



gotop.gifWie kann ich meinen Gegenüber begreifen ?

Der erste Schritt ist, den Gegenüber zu begreifen und zwar vollständig. Ich sage nicht, daß Sie auch für alles Verständnis aufbringen müssen, aber das Begreifen ist die Grundlage dazu, anzunehmen oder fundiert zu überzeugen und den Partner zu einer nachhaltigen Änderung zu bewegen.

Zuhören, nachfragen, nachvollziehen - ernst nehmen

Zum Begreifen gehört zuallererst das Zuhören, auch wenn es manchmal schwer fällt. Zum Zuhören gehört das Nachfragen. Hier ist einfühlsames und neutrales Nachfragen gefordert, so daß sich der Partner ernstgenommen fühlt. Wohlgemerkt: Auch wenn Sie meinen, daß Ihnen der größte Stuß erzählt wird und es noch so schwer fällt, bleiben Sie ruhig und neutral. Nur so können Sie die Motivation und die Gründe des Gegenüber nachvollziehen. und nur so können Sie ...

Den Partner dort abholen, wo er steht

... den Partner dort abholen, wo er steht.

Es ist wirklich wichtig, die Leute dort abzuholen, wo sie stehen. Zugegeben, manchmal stehen sie doch sehr tief im Wald. Aber dann dürfen Sie selbst keine Angst haben auch dort reinzugehen.

Und wenn Sie in den Wald reingegangen sind, dürfen Sie nicht anprangern, daß Ihr Kunde vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht oder daß er den Bach mit dem Weg verwechselt. Denken Sie daran, Sie müssen mit den Problemkreisen Wahrnehmung, Revierverhalten und Angst, die Sie vorhin sahen, umgehen. Zugegeben, es ist manchmal so, wie mit einem Schaufelbagger Veilchen pflücken, aber dennoch, die Mimose, die Ihnen gegenübersitzt, soll doch später noch Früchte bringen.

Gemeinsame Basis zum Verständnis schaffen

Wenn Sie Ihren Partner, seine Motivation und seine Gründe begriffen haben, ggf. auch zu ihm in den Wald gegangen sind, haben Sie das Rüstzeug, um eine gemeinsame Basis zum Verständnis zu schaffen. Vielleicht merken Sie dann auch, daß Sie zusätzlich Ihren eigenen Wald mitgebracht haben.

Die Basis besteht in einer gemeinsamen Zielfindung. Mit dem Partner das Ziel gemeinsam zu finden und den Weg dorthin zu entwickeln, schafft mehr Vertrauen als vollmundige Versprechen. Denken Sie daran, Sie haben nicht das Erfolgsrezept mancher Beratungsunternehmen, das da heißt "Sie wissen zwar nicht was Sie wollen, aber wir machens Ihnen; und das schlüsselfertig. Wir haben hier eine Lösung, richten Sie Ihr Problem danach aus". So vorgehen können nur die ganz großen.

Nur ---- der Weg ist mühsam. Er ist erfolgversprechend, aber mühsam. Sie haben sicher auch schon erlebt, daß vernünftige Argumente Probleme bringen. Warum ist das so ?

Wieso haben wir mit vernünftigen Argumenten so viele Probleme ?

  • Das Abwimmeln von vernünftigen Argumenten hilft bei der Verlagerung von Verantwortung und Problemen. Ich brauche mich nicht damit auseinanderzusetzen und habe dann auch keine Mühe. Ich brauche mich nicht darum zu kümmern.
  • Bei der Kompensation von Angst hört das betriebswirtschaftliche Denken auf und damit auch das Eingehen auf vernünftige Argumente.
  • Man läßt denken, kann Entscheidung vermeiden, hat im Schlechtfalle einen Sündenbock und kann sich im Gutfalle die Federn an den eigenen Skalp heften.

Dieser Weg ist ideal für den Agierenden, aber fatal für das Unternehmen !

Vertrauen schaffen

Mit der bisher geschilderten Vorgehensweise kann Vertrauen geschaffen werden. Dieses Vertrauen mündet in:

  • "echte" Partnerschaft auf der Basis von Gleichheit und der Gewißheit, daß sich die Partner gegenseitig ernst nehmen.
  • Offenheit auf beiden Seiten, die ja nur entstehen kann, wenn die Unsicherheit abgebaut ist.
  • gemeinsame Ziele, Wege, Meilensteine und genau definierte Beiträge beider Seiten, die sich wirklich ergänzen.


gotop.gifWie kann die Sprachlosigkeit überwunden werden ?

Ich habe jetzt viel über die Ursprünge, die Gründe, Motivationen und die Voraussetzungen für die allgemeine Sprachlosigkeit zwischen IT und Fachabteilung gesprochen.

Wie können Sie jetzt anfangen, die Erkenntnisse in die Praxis zu übertragen? Wie kommen Sie von Beginn an, wenn IT und Fachabteilung zusammentreffen, zu einer gemeinsamen und vertrauensvollen Basis zur Überwindung der Sprachlosigkeit ?

Der erste Schritt ist die umfassende Auftragsklärung als Grundlage für ein gemeinsames Verständnis der Probleme, der Lösungen und der weiteren Vorgehensweise.


gotop.gifDie Rolle der Auftragsklärung

itmfb13i.gifBild 13: Die Rolle der Auftragsklärung

gotop.gifWas ist der Stellenwert der Auftragsklärung zwischen IT und Fachabteilung ?

Wieso hat die Auftragsklärung so einen hohen Stellenwert im Verhältnis zwischen IT und Fachabteilung? Wieso nenne ich diese hier einen entscheidenden Erfolgsfaktor?

Die Auftragsklärung ist nach der Problemidentifikation und Kontaktaufnahme zum Dienstleister nun mal der erste Einstieg in die Problematik. Nachdem die ersten Vorstellungen des Auftraggebers zu Anfang dieses Stadiums vielfach noch nebulös sind, müssen sie hier gründlich analysiert und in Form gebracht werden.

Hier wird der Rahmen für die Lösung und die Dienstleistung sowie die gemeinsame Vorgehensweise abgesteckt und die Grundlage für alle weiteren Aktivitäten gelegt. Wenn hier Verständnislücken und Mißverständnisse auftauchen und nicht sofort beseitigt werden, generiert dies Probleme für die gesamte Zukunft des Vorhabens.


gotop.gifGrundlage und Umfang eines Auftrages

In diesem Diagramm sehen Sie die grundlegenden Blöcke eines Auftrags und Angebots, auf die ich in der Folge nochmals näher eingehen werde.

Allerdings soll hier kein Seminar "Wie formuliere ich gute Angebote und Aufträge" gehalten werden, dies kann mehrere Tage füllen. Ich will lediglich auf die Bestandteile eingehen, soweit sie für eine Auftragsklärung erforderlich sind und damit spätere Probleme vermeiden.


gotop.gifBestandteile von Angebot und Auftrag I

itmfb14i.gifBild 14: Bestandteile I

Wenn wir uns die drei ersten Blöcke ansehen, haben wir hier die sachliche Beschreibung des Auftrages. Hier wird genau beschrieben:


  • Die Ausgangslage als "wo kommen wir her", "was wollen wir ändern" und "wo wollen wir hin"
  • Die Vorgehensweise als "was wollen wir tun" und "wie wollen wir es tun"
  • Die Leistungen und Lieferungen als "was ist unser Ergebnis"

Zweck ist, die Vorstellungen des Auftraggebers genau auszuloten und präzise zu beschreiben. Natürlich werden Widersprüche bei der Klärung auftreten. Der Auftraggeber wird auch unter Umständen ungehalten darüber sein, daß er sich offenbaren muß, er wird sich an vielen Stellen erwischt fühlen. Hier ist diplomatisches Geschick gefragt, um die Situationen zu entschärfen. Konfliktvermeidung durch das Zulassen von Lücken und Unschärfen rächt sich dagegen im weiteren Verlauf bitterlich und kann hier nicht das Mittel der Wahl sein.

Andererseits soll ein Angebot nicht bereits zum fachlichen oder sogar technischen Detailkonzept auswachsen. Hier steht die Kommunikation mit der Fachabteilung im Vordergrund und alles, was hier steht muß auch für die Fachabteilung begreifbar und beurteilbar sein. Nur so ist sie in der Lage, das Angebot bewußt anzunehmen und damit den Auftrag zu geben.



gotop.gifBestandteile von Angebot und Auftrag II

itmfb15i.gifBild 15: Bestandteile II

Die letzten drei Blöcke repräsentieren gegenüber den ersten drei Beschreibungsblöcken mehr die Niederschrift der Verfahrensweisen.

In der Zusammenarbeit liegt eine Menge potentiellen Sprengstoffs. Hier wird ebenfalls eine präzise Definition gefordert. Es reicht aber nicht, umfangreiche und präzise Formulierungen zu finden und zu fixieren, wichtger ist, daß die Vereinbarungen von allen Beteiligten verstanden, getragen und verinnerlicht werden.

Die weiteren Vereinbarungen zu Preisen und Konditionen sowie die Vertragsbedingungen berühren mehr den kaufmännischen und den juristischen Sektor als daß sie direkt zur Auftragsklärung gehören. Ich denke aber, wenn die Auftragsklärung präzise und in Übereinstimmung erfolgte, sollten diese Punkte nicht mehr schwerfallen.

Zu den Preisangaben ist allerdings anzumerken, daß den Auftraggeber neben den Erstellungskosten für ein System auch noch wesentlich die laufenden Kosten für Einführung, Wartung und Betrieb interessieren. Diese Aspekte sollten während der Auftragsklärung mit erarbeitet und in geeigneter Form einsichtig gemacht werden. Ob dies in Form eines Gesamtangebotes mit den Folgearbeiten geschieht, ein dritter Partner hinzugezogen wird oder dem Auftraggeber nur als nachvollziehbare Dokumentation verbleibt, liegt im Ermessen der Partner.



gotop.gifDas Umfeld

itmfb16i.gifBild 16: Das Umfeld

Für eine komplette Auftragsklärung ist es nützlich, weitere Klärungen vorzunehmen, die durchaus auch über den konkreten Auftrag hinausgehen können. Hier denke ich an die erforderliche Einbettung in das organisatorische Umfeld, taktische und strategische Vorsorgen oder weitere Planungen für die Zukunft.



gotop.gifWeitere Klärungen im Umfeld des Angebots / Auftrages

Ein Kapitel sind die weiteren Klärungen im Umfeld des Auftrages, die sich mit weiteren Folgearbeiten, einem eventuellen Kundendienst oder auch weiteren Stufen der Wartung und des Betriebs über den aktuellen Auftrag hinaus befassen. Auch wenn der konkrete Auftrag diese Themen nicht beinhalten sollte, ist es von Vorteil, deren Anforderungen beispielsweise in den aktuellen Systementwurf mit aufzunehmen.

Weitere Stufen oder optionale Erweiterungen können mit dem Kunden schon vorgeklärt werden. Hier kann Kompetenz signalisiert und ggf. Vorkehrungen getroffen werden, die künftige Realisierungen erleichtern und preisgünstiger werden lassen.


gotop.gifRollen und Mitwirkungspflichten der Beteiligten

Zusätzlich zur Benennung von Ansprechpartnern im Auftrag ist es von Vorteil, eine wirklich umfassende und aufeinander abgestimmte Systematik der Ansprechpartner und Verantwortlichkeiten zu definieren. Eine solche Rollendefinition kann auch für andere Projekte wiederverwendet werden. Viele Unternehmen haben bereits Rollendefinitionen wie Key Account Manager, Projektleiter, Lenkungsausschuß usw. Ob dort die Verantwortlichkeiten wirklich genau bestimmt und abgegrenzt oder eher schwammig definiert sind, ist zu hinterfragen.

Es scheint auch immer beliebter zu werden, ein Projektleitergespann (einen vom Auftraggeber und einen vom Auftragnehmer) zu installieren. Vorsicht, diese Konstellation birgt Konfliktpotential und die Möglichkeit, aus der Verantwortung auszubrechen. Ich tendiere eher dazu, ein klares Auftraggeber/Auftragnehmer-Verhältnis zu leben. Auch wenn vom Auftragnehmer eigenverantwortlich ein größeres Projekt schlüsselfertig abgewickelt werden sollte, ist eine Teilung der Verantwortung in einen technischen und einen kaufmännischen Projektleiter eher bedenklich.

Und noch ein Wort zu Lenkungsausschüssen: Das Kontroll- und Steuerungsgremium wird ohne genaue Definition gerne zu einer Plattform der Eitelkeiten und der politischen Spiele. Dann schadet die Kontroll- und Entscheidungsinstanz dem Projekt eher, als daß sie ihm nutzt.


gotop.gifAuftragsklärung als Aufgabe und Prozess

Nicht nur das beauftragte Projekt, sondern auch die Auftragsklärung selbst ist ein Prozeß, der über die Auftragserteilung hinausgeht, in den Projektverlauf und in den Kundendienst nach dem Projekt hineinreicht.

Sie ist eine Aufgabe, die spezielle Kenntnisse und auch die Fähigkeit zum "einen Schritt zurücktreten" erfordert. Damit stellt sich die Frage, ob der Projektleiter neben seiner laufenden Tätigkeit damit nicht überfordert ist. Er sollte zumindest durch einen "Coach" betreut werden, der ihm als Sparringspartner mit dem erforderlichen Abstand dienlich ist.


gotop.gifMit klaren Aufträgen zum Erfolg

Auf jeden Fall sind klare Aufträge wesentliche Erfolgsfaktoren. Hier muß mehr Präzision gewagt werden. Präzision ist eine Versicherung gegen spätere Ausreden.

Erst wenn Gestalt und Charakter des Auftrags ganzheitlich erfaßt wurden, sind die Partner in der Lage, diesen auch erfolgreich zum Abschluß zu bringen.

Der Auftrag muß basierend auf einem rechtzeitigen Angebot noch vor Beginn der Arbeiten erteilt werden. Dies sollte eine Selbstverständlichkeit sein, die aber in der Praxis kaum beherzigt wird. Ein Projektbeginn vor der Auftragserteilung macht beide Seiten erpreßbar. Sie verlockt auch dazu und bewirkt, daß die Ereignisse den Prozeß der Auftragsklärung überrollen.


gotop.gifWie das Leben so spielt - Situationen aus der Praxis

itmfb17i.gifBild 17: Situationen aus der Praxis

Jetzt habe ich Ihnen so viel von den Grundlagen und den Wegen erzählt, nun möchte ich auch ein paar Situationen aus der Praxis vorstellen. Frei nach dem Motto "Wie das Leben so spielt" kann ich in meinem Berufsweg auf einige Anekdoten der ärgerlichen und der humorvollen Art zurückblicken.

Ich spreche hier nicht aufs Geradewohl von Histörchen, sondern möchte diese Dinge in Bezug zu unserem Thema der Auftragsklärung bringen.



gotop.gifZielgenauigkeit (Schrotschüsse, Kanonen und Knallerbsen)

Wie ist es eigentlich um die Zielgenauigkeit der Protagonisten bestellt ? Wird hier Schrot verschossen, damit möglichst alles erwischt wird? Schießt man mit Kanonen auf Spatzen, oder stellt sich ein mit viel Trara angekündigtes Vorhaben später als kleine Knallerbse heraus?

Helfer oder geheime Verführer ?

Was macht man, wenn man Hilfe braucht, man sucht sich einen Partner. Das möchten wir als Auftraggeber tun und das sehen wir als Auftragnehmer gerne. Die Temperamente und Ansätze sind jedoch vom Inhalt und von der Qualität her sehr verschieden.

  • Da gibt es einmal den großen Berater, der alles kann, alles weiß und alles macht. Wenn er nicht alles macht, haben Sie als Auftragnehmer es vielleicht mit einem zu tun, der dem Auftraggeber zur Seite steht. Das kann gut oder weniger gut sein.
  • Da gibt es den Generalunternehmer mit dem schlüsselfertigen System, dem Sie als Subunternehmer dabei helfen sollen, alles zu können.
  • Da gibt es die Standard-Software, bei der Sie als Auftragnehmer "nur" etwas anpassen oder "dranstricken" sollen.

Ich will nicht sagen, daß diese Konstellationen immer heikel sein müssen, aber sie sind es oft. Die Güte eines Helfers kann auch daran gemessen werden, inwieweit er sich auf eine sauber dokumentierte Auftragsklärung einläßt, wie er selbst dazu beiträgt und im Falle, daß er nur Berater ist, sich bemüht, seinem Auftraggeber Klarheit zu verschaffen. Ohne diese Klarheiten können Sie leicht zwischen die Fronten geraten und in die Rolle des Prügelknaben gedrängt werden.

Der allumfassende Anforderungs-Katalog

Es gibt auch Auftraggeber, die Ihnen schon einen detaillierten Anforderungskatalog in die Hand drücken. Ich finde das als Diskussionsgrundlage ja sehr erfreulich. Weniger Spaß machte es mir, als ich in einem Anforderungskatalog der Fachorganisation zwar keine fachlichen Wünsche und Probleme fand, aber eine "tour d?horizon" über alle möglichen Tools und Server. Speziell der Angebotskatalog von Netscape war mit allen Server-Produkten fein säuberlich aufgenommen. Zu meinem Leidwesen komme ich immer wieder mit der Ansicht in Berührung, daß viele Tools auch viele Probleme von selbst lösen. Hier tut Klärung not, um von der Ansicht "viel hilft viel" wegzukommen.


gotop.gifWas kommt nach dem Schuß (Die Rolle der Ballistik)

Da wurde jetzt geschossen und ein Entwicklungsprozeß auf den Weg gebracht. Was geschieht nach der Entscheidung?

Dietrich Dörner hat in seinem Buch

  • Die Logik des Mißlingens

ein Verhalten geschildert, bei dem ich einen ganzen Strauß von deja-vus hatte.

Vorsicht vor Kompetenzillusion

Ich zitiere aus dem Bericht über Planspiele zu "Strategien in komplexen Situationen":


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Die Versuchspersonen schossen ihre Entscheidungen gewissermaßen wie die Kanonenkugeln ab und kümmerten sich kaum noch darum, wo die Kugeln denn nun eigentlich landeten.

Merkwürdig ? sollte man meinen. Andererseits findet man wohl ziemlich schnell eine Erklärung für die "Ballistik": Wenn ich die Folgen meiner eigenen Handlungen gar nicht erst zu Kenntnis nehme, so bleibt mir die "Kompetenzillusion"!

Hat man eine Entscheidung getroffen, um einen bestimmten Mißstand zu beseitigen, so kann man, wenn man nur die Folgen der Maßnahme nicht betrachtet, der Meinung sein, daß der Mißstand behoben ist. Das Problem ist gelöst, und man kann sich neuen Problemen zuwenden.

Zu diesen ballistischen Schüssen mit Kompetenzillusion gehören viele der gerade geschilderten Schrot-, Kanonenschüsse und Knallerbsen. Auch hier ist es sehr wichtig, von Anfang an um die Problematik zu wissen und diese sowohl beim Auftraggeber als auch beim Auftragnehmer zu vermeiden, beginnend bei der Auftragsklärung.


gotop.gifStille Post (Der Weg der Deformation)

Sie kennen bestimmt das Spiel "stille Post", bei dem aus einem vernünftigen Satz durch Weitersagen über mehrere Stationen zum Schluß krauser Unsinn entsteht. Sie meinen, das sei ein Kinderspiel? Wirklich, es ist nicht nur ein Spiel für Kinder, sondern tatsächlich ein Kinderspiel, aus fachlich fundierten Anforderungen über mehrere Stationen Unsinn zu erhalten.

Die Agentur der Agentur der Agentur

Gerne wird das Spiel zwischen Marketingleuten und Agenturen gespielt. Da wird für die Realiserung einer flüchtigen Idee eine Agentur ins Haus geholt. Dieser wird dann etwas erzählt, Briefing nennt man das. Da diese Agentur aber eine Werbeagentur ist, hat sie wiederum ihre Web-Agentur. Die Web-Agentur hat dann ihre Gestalter, die Ideen entwickeln und diese an die Web-Agentur-Techniker weitergeben. Der Techniker ist oft ein vielbeschäftigter Mann oder Frau und hat seinen/ihren Studenten, der die Arbeit macht. Haben Sie mitgezählt, das sind 5 Stationen mit 4 Gelegenheiten, was nicht zu verstehen. Wenn jeder 60% von dem versteht, was gewünscht wird, und das ist schon ein guter Wert, dann bleiben 0,6 hoch 4, also knapp 13% von dem übrig, was Auftrag war und jeder hat daran verdient. Ist das nicht interessant?

Ich weiß nicht, was ich will, deshalb lasse ich tun

Ich hatte mal einen Kollegen, der mir und auch anderen mit sichtlichem Genuß sein Schild "ich verstehe nichts von Technik" auf den Kopf schlug. Ich spüre die Beulen noch heute. Da war auch nichts von Auftragsklärung drin, das hätte ja die Ballistik der Entscheidung gestört. Er ließ extern tun und die stille Post funktionierte prächtig mit den geschilderten Folgen. Und dennoch gab es gute Seelen unter den internen "Technikern", die im Anschluß die Kanonenkugeln wegräumten und nach der stillen Post die zitierten 13% wenigstens auf ein annehmbares Maß brachten. Nun ja, wir sitzen ja alle in einem Boot, auch wenn mal einer mit den Rudern um sich schlägt.


gotop.gifWas denn sonst noch ? (Jetzt reicht's aber)

Jetzt habe ich mir schon mal die Mühe gegeben. Ich suchte einen Partner, bei dem ließ ich meine Idee realisieren. Dem habe ich sogar angedeutet, was ich ungefähr will. Der hat mir auch was gezeigt, was schön bunt war und sich auch noch bewegt hat. Und die Rechnung war auch gesalzen, dann muß das doch gut sein. Ausgerechnet jetzt kommen die vom Betrieb und kritteln dran rum. Ja was soll den sonst noch sein, jetzt reichts aber. Die sollen sich mal beeilen, damit ich meinem Vorgesetzten Vollzug melden und wieder mal glänzen kann. Wenn die nicht wollen, dann machen wirs selbst. Da steht doch irgendwo ein Rechner rum und mein Student macht das schon.

Der sichere Betrieb als blinder Fleck

Sie meinen, das ist übertrieben? Das ist pure Realität. Diese Situation und diese Einstellung sind mir schon öfter begegnet, wenn auch nicht immer im Wortlaut. Im allgemeinen ist der Betrieb einer Anwendung für den Auftraggeber etwas, das einer tut und an das von seiner Seite aus kein Gedanke verschwendet wird. Das ist auch aus seiner Warte verständlich und war in der stets vorhandenen und streng geregelten Host-Welt auch kein Thema. In der modernen Welt mit ihren unerschöpflichen Möglichkeiten und Facetten ist es ein Thema. Ein Grund mehr, diesen Abschnitt der Systemeinführung und des Betriebs schon bei der Auftragsklärung entsprechend zu berücksichtigen.

Und noch eines. Das Argument "wenn Ihr so einen Aufwand betreibt, dann mache ich es selbst" ist mir schon öfter begegnet. Fragen Sie Ihren Gesprächspartner, ob er, wie bei Internet-Anwendungen erforderlich, die 24/7-Überwachung gewährleisten kann, was er beim Ausfall seines Rechners tut und ob er ihn gegen Diebstahl bewachen läßt. Da habe ich schon bei manchem die Kinnlade in Richtung Kniescheibe verschwinden sehen.

Der sichere Betrieb ist wirklich ein blinder Fleck in der Wahrnehmung. Die Leute sind in der Auftragsklärung behutsam heranzuführen. Die Erkenntnis muß reifen, daß dort laufende Kosten entstehen.

Zugriffssicherheit (wer darf denn nun?)

Die Zugriffssicherheit ist im allgemeinen kein blinder Fleck, sondern eher so ein verwaschener, mehr ein Fleckenzwerg. Gerade im Web-Bereich heißt es "da machen wir mal schnell eine Anwendung, da dürfen aber nur die und die zugreifen". Ja, und wenns dann einschlägt, kommen noch diese und jene hinzu usw. usf. Richtig sensationell wird es, wenn ein Auftragnehmer plötzlich irgendwas anliefert, bei dem sich mehrere Tausend Kunden mal schnell Chiplesegeräte anschaffen müssen.

Also, ich habe lernen müssen, daß Anwendungen für eine Handvoll Personen nach Bewährung gerne erweitert werden und die Zugriffskonzepte entweder notleidend oder aufwendig werden. Wir versuchen, möglichst das vorhandene Standard-Berechtigungsverwaltungs-System mit zu verwenden, für das es auch im Web-Bereich Anschlüsse gibt. Andernfalls müssen die Prämissen und Annahmen mit ihren Folgen wie z.B. Systemumstellung bei Überschreitung von Grenzen bereits während der Auftragsklärung klar gemacht und dokumentiert werden.


gotop.gifWas bin ich ? (Der allfällige Umgang miteinander)

Bei all diesem "alltäglichen Wahnsinn" frage ich mich auch manchmal, was bin ich? Bin ich jetzt Müllhalde, Prügelknabe, Alibi oder Partner ?

Aber dennoch sage ich mir: Ich bin ein Mensch, und die anderen sind auch Menschen. Mit allen Vorzügen und Schwächen. Und wenn ich schon dabei bin und habe diese Erkenntnis, sehe ich es als meine Pflicht, möglichst früh den Situationen vorzubeugen, die später Ärger bringen könnten.

Natürlich kann man nicht alles voraussehen, aber rechtzeitig die Vereinbarungen treffen, auf deren Basis die späteren Probleme leichter gelöst werden können.


gotop.gifHilfsmittel zur Auftragsklärung

itmfb18i.gifBild 18: Hilfsmittel zur Auftragsklärung

Und in dieser Situation wünschen wir uns auch Hilfsmittel zur Auftragsklärung.

Auch wenn dazu Papier und Bleistift ausreichen, so wäre es doch nützlich, weiterreichende Hilfsmittel zur Verfügung zu haben.



gotop.gifWelche Methoden und Verfahren sind brauchbar?

Aber bei der Suche nach Methoden und Verfahren muß festgestellt werden, das es auf diesem Gebiet kaum etwas gibt. Die vielfach propagierten Vorgehensweisen, mögen es qualitätssichernde Verfahren oder auch Werkzeuge sein, setzen entweder zu schematisch oder zu technisch an. Sie mögen dazu taugen, Fakten und Anforderungen zu sortieren und zu verwalten, aber nicht, die Sprachlosigkeit zu überwinden.

In Anbetracht dessen, daß Auftragsklärung ein mehr intellektueller als schematischer Prozeß ist erscheint mir neben der schriftlichen Fixierung wie bereits geschildert eine gemeinsame Inspektion, ein "Walk-Through" der Ergebnisse nützlich. Diese kann durch "Checklisten" aus vorangehenden Klärungen ergänzt werden.

Eine weitere Hilfe ist, wenn für den angestrebten Lösungsweg bereits Darstellungen von Komponenten und deren Zusammenhängen auf hoher Ebene, sogenannte "Frameworks" vorhanden sind. Hieran können die Bausteine, deren Zusammenspiel und Schnittstellen klargemacht werden. Ein solches vorhandenes Framework fördert auch die Wiederverwendung und hält die Gesamtkosten niedrig, weil Bausteine schon vorhanden sind.


gotop.gifIst Objektorientierung hilfreich ?

Was ist mit der Objektorientierung? Ist sie bei der Auftragsklärung vielleicht hilfreich?

Die Objektorientierung ist in aller Munde. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß diese wirklich universell anwendbare und auch dem allgemeinen Denken nah verwandte Methodik immer noch zu sehr techniklastig betrieben und auch in der Darstellung noch zu wenig allgemeingültig gelebt wird.

Zur Frage kann ich sagen, daß Objektorientierung zweifelsohne hilfreich ist. Sie darf nur nicht von der Technik her aufgerollt werden, sondern mehr von der Ebene der Business-Objekte. Sie muß auch für die Zwecke der Auftragsklärung ihr Ende auf einer noch relativ hohen Ebene haben. Und sie darf nicht mit dem großen Etikett "Objektorientierung" beklebt, sondern als Denk-, Vorgehens- und Darstellungsform einfach gelebt werden.

Taugt UML?

UML (Unified Modeling Language) als objektorientierte Beschreibungssprache kann in ihrer logischen Darstellungsform auf jeden Fall taugen. Aber Vorsicht, die Verwendung von entsprechenden Tools verführen ganz leicht wieder zu der dem Kunden unverständlichen "Techniksprache".

Wenn UML als Erleichterung der Darstellung und Dokumentation in dem Umfange genutzt wird, in dem man auch mit Handzeichungen und Textverarbeitung agieren könnte, dann besteht die Chance, daß es etwas wird.

So hat beispielsweise die Erfahrung gezeigt, daß ein von Entwickler und Kunden gemeinsam erarbeitetes Use Case (Anwendungsfall) Modell durchaus hilfreich sein kann.

Mit dem Use Case Modell kann eine Abgrenzung durchgeführt werden. Es kann gemeinsam definiert werden, was das System leisten soll und was und was außerhalb des Systems liegen soll (Ist somit ein Instrument zur Begrenzung des Systems und zur Beschreibung der Funktionalität aus Benutzersicht).

Die Ergebnisse einer Use Case Modellierung können als eine Art "Vertrag" zwischen Kunde und Entwickler verstanden werden. Dadurch daß das Use Case Modell gemeinsam erarbeitet wurde (und überdies die zukünftige Systemfunktionalität aus Benutzersicht beschreibt) sind das Verständnis und die Akzeptanz gegenüber dem zukünftigen System wesentlich höher.

Wieviel Objektorientierung verträgt mein Kunde?

Abzuschätzen, wieviel Objektorientierung mein Kunde verträgt, ist nicht leicht. Er verträgt viel und auch wenig, es kommt nur auf die Zubereitung an. Denken Sie mit Ihrem Kunden in Business-Objekten, in fachlichen Informationsinhalten, in logischen Methoden, in seinen eigenen Vorgängen und lassen Sie den ganzen Schnickschnack "der korrekten Notation", der "generierbaren Aufbereitung" und der "Universellen Syntax" im Hintergrund.

Bleiben Sie im Rahmen der natürlichen und nachvollziehbaren Objektorientierung. Daß dies nicht leicht ist, eine Menge Standfestigkeit auch im "Darüberstehen" erfordert und daß die Niederungen der Tools eine ungeheure Gravitationskraft ausüben, ist eine Tatsache, die viele Projekte bezeugen können.


gotop.gifZukünftige Schritte

itmfb19i.gifBild 19: Zukünftige Schritte

Wie geht es weiter?

Wenn Sie die Auftragsklärung als immerwährenden Prozeß verstehen, sind Sie schon ein ganzes Stück weiter auf dem Wege zur Überwindung der Sprachlosigkeit zwischen IT und Fachabteilung.

Zufriedene Kunden werden Ihnen den ersten Schritt hin zum "Total Quality Management" einfacher machen. Und wenn Sie sich das Schaubild der European Foundation for Quality Management (E.F.Q.M.) ansehen, werden Sie bemerken, daß im Endeffekt doch alles in irgendeiner Weise zusammenhängt. Ich halte übrigens dieses Modell für wesentlich besser als eine Zertifizierung nach DIN ISO 9000 ff.

Auf jeden Fall sollten Sie sich nicht den Kopf über Methoden und Tools zerbrechen, sondern

einfach beginnen !



gotop.gifWeise Unternehmen

itmfb20i.gifBild 20: Weise Unternehmen

Zum Schluß meine Vision für eine fernere Zukunft. Ob sie sich erfüllt, kommt sowohl auf die äußeren Umstände als auch auf das Handeln eines Jeden von uns an. Aber ich denke, mit gegenseitigem Verständnis, offener Kooperation und rechtzeitiger Klärung der Wünsche und Sachverhalte kommen wir der Weisheit ein Stück näher

Und damit bin ich am Ende meiner Ausführungen und wünsche Ihnen für die Zukunft rentable und gut geklärte Aufträge.




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