Gleitender Übergang in die Objektorientierung:

Die losen Enden sind zu verknüpfen

bei9b0.htmBild: Das intellektuelle Potential der Objettechnologie kann sich nur bei einer echten Verknüpfung der Teilbereiche entfalten.

Der mit der Objektorientierung eingeleitete Umbruch eröffnet die Chance, die künftige IT-Welt rational und rationell handhaben zu können. Ansätze dazu sind allenthalben sichtbar, die losen Enden müssen aber noch zu einem Gesamtkonzept verknüpft werden.

Objektorientierung beginnt im Kopf. Das ist der rote Faden dieser seit Februar 96 laufenden Artikelserie. Zum Abschluß sollen die Einzelprobleme nochmals in einen Gesamtzusammenhang gestellt und ein Modell für den gleitenden Übergang mit flankierenden Maßnahmen entwickelt werden. Hierdurch werden die losen Enden, die bei der Behandlung der Einzelthemen entstanden, verknüpft. Die Gesamtschau ergibt ein Bild, das den Zusammenhang aller Teilbereiche verdeutlicht und erlaubt, die Objektorientierung revolutionär zu verstehen und evolutionär zu implementieren.


Kapitel: Abbildungen, Tabellen, Anmerkungen:
Mail an Verfasser: Theo Saleck

gotop.gifWechselwirkungen zwischen allen Teilbereichen

bei9b1i.gifBild 1: Wechselwirkungen zwischen den IT-Teilbereichen

Zwischen allen Teilbereichen der Informationstechnologie und der Unternehmensführung, angefangen von den Notationen und der Programmierung über die Schnittstellen, die Wissensvermittlung, die Dokumentation, die Systemadministration und Systemautomation bis hin zur Unternehmenskultur existieren Wechselwirkungen. Die wichtigsten sind in Bild 1 als Matrix dargestellt. Sie werden dort viele Argumente und Forderungen dieser Beitragsreihe wiedererkennen. Die Kreuzungspunkte in der Matrix sind die Knoten, mit denen die losen Enden der einzelnen Teilbereiche verknüpft werden müssen. Zusätzlich zu den in den vorangegangenen Beiträgen fokussierten Teilbereichen sind Notation und Programmierung aufgenommen, um auch zu diesen technischen Gebieten eine Verbindung herzustellen. Die Matrix erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, macht aber deutlich, daß eine ausschließliche Behandlung einzelner Teilbereiche im Sinne der herkömmlichen Arbeitsteilung künftig nicht mehr möglich ist, sondern durch eine übergreifende Kooperation ersetzt werden muß. Dabei sind in diesem Zusammenhang weitergehende wichtige Aufgaben wie Kundenorientierung und Total Quality Management noch nicht einmal angerissen, da sie über unseren aktuellen Fokus hinausgehen.



gotop.gifEin Objekt berührt alle Teilbereiche

bei9b2i.gifBild 2: Die drei Dimensionen der Objektorientierung

Wieso ist die aufgeführte Aufteilung in Teilbereiche nicht bereits in den Notationen und Modellen der Objektorientierung enthalten? Wieso wird hier eine weitere Klassifizierung in die Diskussion eingebracht (s. Bild 1) ?

Die Antwort liegt auf der Hand. Die hier angesprochenen Teilbereiche der Informationstechnologie sind organisatorische und strategische Einflußfaktoren. Sie bilden zu den beiden Grundlagen der Objektorientierung, Vererbung und Unabhängigkeit (Kapselung), eine zusätzliche Sicht. Diese Sicht ist erforderlich, damit die Objekte in den praktischen Einsatz eingebunden werden können.

Bild 2 veranschaulicht diese Zusammenhänge in einem dreidimensionalen Modell. Die herkömmliche Betrachtung umfaßt nur die beiden Dimensionen Vererbung und Unabhängigkeit (Kapselung). Sie nimmt dadurch per Definition die zusätzlichen Berührungspunkte nicht wahr. Die herkömmliche Sicht reicht für Analyse, Design und Implementierung eines einzelnen Systems aus, berücksichtigt aber nicht dessen Einbindung in das Gesamtunternehmen, die herrschende Kultur und die bestehenden Abläufe. Hinzu kommt, daß die "Labormentalität" der Freaks wegen der meist in engagierten Kleingruppen gewonnenen Erfahrungen die positiven Faktoren Bewußtseinsbildung, fördernde Unternehmenskultur, Bereitschaft zur praktischen Wiederverwendung und freier Informationsfluß stillschweigend voraussetzt. Das kann noch bei Pilotprojekten zum Erfolg führen, bei einem breiten Einsatz in einem Großunternehmen endet es aber im Fiasko, da die erwähnten positiven Faktoren häufig nicht vorhanden sind und im Regelfalle auch nicht thematisiert werden. Die strategisch-/organisatorischen Teilbereiche sind keine Zusätze, die nach Rezept um die Objekte herum angeordnet werden, sondern sie bilden eine zusätzliche Dimension der Gesamtheit. Damit müssen ihre Prinzipien ihren Niederschlag in jedem einzelnen Objekt finden und beeinflussen dessen Struktur und Inhalt.

Nur in Verbindung dieser drei Dimensionen erhalten die Objekte die für den Breiteneinsatz erforderliche Funktionalität, Stabilität, Wartungsfreundlichkeit und Wiederverwendbarkeit.



gotop.gifGanzheitlich planen, gezielt einführen

Die IT-Verantwortlichen und Fachabteilungen sollten sich von der Flut der Zusammenhänge nicht erschrecken lassen. Wenn sich alle Teilbereiche gegenseitig beeinflussen und in einem Zusammenhang stehen, heißt dies noch lange nicht, daß alles auf einmal realisiert werden muß. Wichtig ist, daß die Grundlagen in Form der Schichten

  • Meta-Strukturen,
  • Strategien,
  • Zusammenhänge, Schnittstellen, Strukturen

aufgebaut sind (siehe Beitrag "Wissenstransfer beim OO-Übergang", Bild 3). Das Bewußtsein für die Komplexität und deren Beherrschung durch die Struktur ist schon die halbe Miete, wenn es durchgängig vorhanden ist. Auf der Basis dieses Wissens muß die künftige Struktur der Prozesse, Systeme und Dokumente als Strategie entworfen werden. Danach folgt die Festlegung des möglichen Weges. Der Entwurf des Weges stellt die Taktik dar und wird sich im weiteren Verlauf noch einigen Korrekturen unterziehen müssen, das ist bei der schnellen Fortentwicklung normal. Die Strategie ist dabei der stabilisierende Faktor. Sie wird ebenfalls Korrekturen unterliegen, die sich aber auf Details beschränken. Strategien, die öfter geändert werden müssen, enthalten fälschlicherweise taktische Elemente. Sind Ziel und Weg definiert, kann der Übergang gleitend erfolgen.


gotop.gifDie übergeordneten Aspekte der Verknüpfung

bei9k1i.gifKasten 1: Übergeordnete Aspekte der Verknüpfung

Wenn Bild 1 eine Übersicht über die konkreten Wechselwirkungen gibt, so soll nachstehend dargestellt werden, wie diese zu einer Verknüpfung der losen Enden weiterentwickelt und die Weichen zur gesamtheitlichen Betrachtung dieser verknüpften Welt gestellt werden können. Im Sinne der strategischen Denkweise ist die Destillation von übergeordneten Aspekten aus den in den vorangegangenen Beiträgen dieser Reihe und Bild 1 angesprochenen Fakten und Zielen erforderlich.

Kasten 1 enthält die übergeordneten Aspekte, gegliedert nach den Kategorien Unternehmenskultur, Konzeption, Realisierung und Übergang aus der alten in die neue Welt. Diese Aspekte gelten für alle Teilbereiche einer zukunftssicheren Informationstechnologie.



gotop.gifDie Unternehmenskultur muß stimmen

Die Unternehmenskultur ist die Basis aller künftigen Erfolge (siehe Beitrag "Neue Strukturen im OO-Umfeld als Katalysator für die Unternehmenskultur"). Wenn ihre Parameter nicht stimmen, kann die komplexe Welt nicht beherrscht werden und die Informationsverarbeitung wächst sich zu einem kostspieligen oder sogar existenzgefährdenden Desaster aus. Auf der anderen Seite sind durch die Entwicklung immer kostengünstigerer Rechner und leistungsfähigerer Software die Chancen zur positiven Nutzung des Umbruchs so groß wie nie zuvor. Voraussetzung ist aber eine Abkehr vom alten linearen Hierarchiedenken und die Zuwendung zu Kulturwerten, die das Überleben in der Komplexität ermöglichen. Es handelt sich um Werte der offenen Welt, nämlich die Offenheit für Ideen, Innovationen und Ansichten sowie den Teamgeist und den freien Informationsfluß, wie er in der Wissenschaft, bei allen auch dort vorkommenden Schönheitsfehlern, bereits längst an der Tagesordnung ist.


gotop.gifBei der Konzeption objektorientiert denken

Das Credo, das sich durch diese gesamte Reihe zieht, soll hier nochmals aufgenommen werden. Objektorientierung ist nicht in erster Linie eine Programmiersprache oder eine Notation, so hilfreich diese als Werkzeuge auch sein mögen. Objektorientierung ist eine Art zu denken und Probleme anzugehen.

Dies heißt nicht mehr und nicht weniger als Objektorientierung im frühestmöglichen Stadium der Konzeption. Die bisherigen formalen Ansätze von Object Oriented Analysis (OOA) und Object Oriented Design (OOD) setzen im Gesamtprozeß zu spät an und sind zu starr. Objektorientierung dient bereits zum Erkennen der Probleme und Anforderungen und bei der Festlegung der Unternehmensstrategie. Nur wenn sich diese Denkweise durchgehend gefestigt hat, können die Mängel in den derzeitigen Zielvorgaben, unter denen sehr viele Unternehmen in allen Ebenen leiden, abgestellt werden.

Unternehmen, die unter der Last der Altanwendungen leiden, kann diese durchgehende Betrachtungsweise gleichfalls helfen, in der neuen Welt Tritt zu fassen. Wenn die Altanwendungen gekapselt und die Schnittstellen in Form von Nachrichten angelegt werden, ist der gleitende Übergang zu schaffen. Auf diese Möglichkeiten wird später nochmals im Detail eingegangen. Es soll aber hier bereits angemerkt werden, daß die Grundlagen zum Übergang nicht bei der Technik, sondern auf hoher Ebene bei der Betrachtung der Business-Objekte gelegt werden müssen.


gotop.gifRealisierung ist mehr als Technik

Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, daß Realisierung mehr ist als nur Technik. Bei der Realisierung müssen die Unternehmenskultur und die Ergebnisse der Konzeption zusammenfließen. Die Objektorientierung muß in der Realisierung konsequent fortgesetzt werden. Die Erhaltung der Strukturen und Prinzipien der Konzeption sind hierbei wichtig, die Korrektheit im Sinne von beispielsweise einer C++ - Syntax ist doch eher eine Selbstverständlichkeit. Zur Konsequenz gehört auch, daß die Nachrichten zwischen den Objekten mittels eines Object Request Brokers ausgetauscht werden und somit die Flexibilität bezüglich des Objekt-Standortes gewahrt bleibt.

Nicht zuletzt der folgende "weiche" Faktor aus der Unternehmenskultur läßt viele Realisierungen insoweit scheitern, daß sie wieder monolithische und nur noch formell objektorientierte Strukturen erzeugen: Es wird aus "Zeitgründen" eine Realisierung durchgeführt, die knapp die Mindestanforderungen erfüllt und keinen Raum mehr für erweiterbare Strukturen und Mehrfachnutzung läßt. Die Zeitgründe sind oft nur vorgeschoben. Aus Unkenntnis, Gruppenegoismus und Zielvorgaben, die übergeordnete Strategien vermissen lassen, fühlt sich der Ausführende alleingelassen und hat keine Motivation, kooperativ vorzugehen. Hier stimmt schlicht die Kultur nicht. Wenn Abgrenzungsbestrebungen und der Hang zu "Herrschaftswissen" überwunden sind, läßt sich wirkliche Objektorientierung effizient, flexibel und wartungsfreundlich realisieren.


gotop.gifDer Übergang muß gleitend sein

Es lassen sich weder das Bewußtsein noch die bestehenden Anwendungen in einer einzigen Aktion umstellen. Der Übergang muß gleitend sein. Bezüglich des Wissenstransfers wurde in dieser Reihe bereits ein Modell des gleitenden Übergangs vorgestellt (siehe Beitrag "Wissenstransfer beim OO-Übergang" Bild 6). Am Ende dieses Beitrags wird ergänzend der Übergang der Systeme am Beispiel der Kapselung von Altsystemen verdeutlicht.

Für den gleitenden Übergang gelten auf jeden Fall folgende Prämissen:

  • Strategische Festlegung des Ziels
  • Erarbeitung einer übergreifenden Struktur
  • Planung des gleitenden Übergangs
  • Umsetzung unter Beachtung der Zielsetzungen und des Gesamtrahmens.

Bei all diesen Aktionen muß zusätzlich die Schichtung und Verbreitung des Wissens berücksichtigt werden. Das bereits erwähnte Modell (siehe Beitrag "Wissenstransfer beim OO-Übergang" Bild 6) stellt auch hierfür ein Muster dar.


gotop.gifDer Fokus der Objektorientierung ändert sich

bei9k2i.gifKasten 2: Die Informationsverarbeitung stößt in immer höhere Strukturebenen vor

Als Resümee der Betrachtungen kann gezogen werden, daß sich der Fokus der Objektorientierung ändert, sobald Software-Labor und Prototyping verlassen werden. Er verlagert sich von der Technik zur Struktur. Die Struktur der Informationen und Prozesse ist in den Unternehmen für die nächsten Jahrzehnte bestimmend. Wer hier nur auf die Technik schielt, ist verloren, weil sich diese in immer kürzeren Intervallen ändert. Ein technikorientierter Ansatz wird bereits bei seiner Einführung veraltet sein.

In die objektorientierte Denkweise wird das Umfeld stärker einbezogen, indem das Denken in Objekten früher ansetzt. In gleicher Weise werden Objekte für größere Einheiten gebildet, die als Business-Objekte ganze Zweige des Geschäftes beinhalten.

Im dem Maße, wie sich die Objektorientierung von der Technik zur Struktur verlagert, kommt es verstärkt darauf an, wie die Probleme erfaßt und strukturiert werden. Erst an zweiter Stelle steht die technische Lösung. Das "know-how to think" steht vor dem "know-how to do". In diesem Zusammenhang nimmt die Bedeutung der fachlichen und strukturellen Wissensbasis enorm zu.



gotop.gifEs gibt viel zu tun

Zum Schluß ist festzustellen, daß noch ein langer Weg zur umfassenden Objektorientierung führt. Dieser Denkansatz, dem zweifellos die Zukunft gehört, muß noch ein ganzes Stück reifen, um die Anforderungen der Zukunft zur erfüllen. Wir dürfen uns von diesen Aussichten aber nicht entmutigen lassen. Da keine andere Lösung in Sicht ist, die ein vergleichbares Entwicklungspotential enthält, bleibt kaum eine Wahl.



gotop.gifTeil 2: Investitionsschutz durch Kapselung der Altanwendungen

Beim Übergang in die objektorientierte Welt müssen auch die enormen Werte bestehender Investitionen in Altanwendungen bedacht werden. Der Verantwortliche befindet sich hier in einem Dilemma. Einerseits ist es wünschenswert, die Vorteile der Objektorientierung so schnell wie möglich zu nutzen, andererseits wird das Geld noch mit den laufenden Anwendungen verdient. Hinzu kommt, daß in den Altanwendungen außer den monetären Investitionen eine Menge Know-How und Funktionalität stecken, deren Nutzung auch in der neuen Welt profitabel wäre. Ideal ist es, die vorhandenen Funktionalitäten und Daten wie Objekte zu nutzen und die Umstellung erst dann vorzunehmen, wenn sie ohnehin erforderlich ist wie z.B. bei einer größeren Änderung.

Die nachfolgenden Ausführungen beschreiben ein Modell, wie bestehende Applikationen so verändert werden können, daß sie sich in die Objekt-Welt einfügen und bei Bedarf gleitend umgestellt werden können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Erkennen und der Abbildung einer Objektstruktur in den Altanwendungen. Diese Strukturen werden in der Implementierung durch entsprechende Simulationen und "Zwischenstecker" unterstützt.


gotop.gifAltanwendungen als Objektmappe

bei9b3i.gifBild 3: Die Objektmappe stellt virtuelle Objektnetze da

Der erste Schritt besteht darin, daß die Altanwendungen als "Objektmappe" gesehen werden. Diese Objektmappe resultiert aus der neuen externen Sicht der Altanwendungen in Form einer Menge von Objekten. Die Objektmappe stellt eine virtuelle Darstellung von Objektnetzen dar (siehe Bild 3), die durch das Projizieren von fachlichen Objekten auf die funktionsorientierten Altanwendungen entsteht. Zusammengehörige Objekte werden in einer "Mappe" gebündelt und diese mittels Simulationsbausteinen an die Objektwelt angekoppelt.



gotop.gifDie Objektmappe als gleichberechtigter Partner

bei9b4i.gifBild 4: Die Objektmappe kapselt einen definierten Ausschnitt der Altanwendung

Den anderen Objekten gegenüber stellt sich die Objektmappe als gleichberechtigter Partner dar. Durch die Kapselung sind die Altanwendungen in der neuen Welt logisch nicht mehr existent. Ihre Funktionalitäten werden durch Objekte der Objektmappe mit ihren zugehörigen Methoden repräsentiert (siehe Bild 4). Die Objekte, im Bild mit ihrer Schichtung in Daten, Methoden und Schnittstellen dargestellt, kommunizieren untereinander und mit der Objektmappe über einen Object Request Broker (ORB), der den Standort der diversen Objekte kennt und die Nachrichten entsprechend weiterleitet. Der Broker, der auch für Großrechner verfügbar ist, kommuniziert mit der Objektmappe wie mit einer Menge üblicher Objekte.



bei9k3i.gifKasten 3: Funktionen der Objektmappe

Diese Struktur kann auch innerhalb der Altanwendungen zwischen verschiedenen Teilen aufgebaut werden. Die weitere Aufteilung der Objektmappen ist die Voraussetzung für die Überleitung von Objekten aus der alten in die neue Welt. Auf diese Weise hält die Objektorientierung Einzug in die innere Struktur der Altanwendungen



gotop.gif"Austrocknen" der alten Systeme

bei9b5i.gifBild 5: Überleitung von Objekten aus der alten in die neue Welt

Der besondere Reiz der geschilderten Vorgehensweise liegt in der Möglichkeit des gleitenden Übergangs von Bausteinen der Altanwendungen in die Objekt-Welt ohne Änderung der Partnerobjekte. Diese Vorgehensweise bei gekapselten und durch Objektmappen repräsentierten Altanwendungen kann mit einem "Austrocknen" verglichen werden. Teilfunktionen in der alten Technik verschwinden und tauchen in neuer Technik wieder auf. Für das Gesamtsystem stellt sich dieser Vorgang lediglich als Verlagerung eines unveränderten Objektes dar, für den Object Request Broker nur eine Änderung im Inhaltsverzeichnis.

Bild 5 stellt diesen Vorgang anhand des Abspaltens und Umstellens des Objektes "Rechnungszeilen" dar. Dieses neue Objekt spaltet sich zuerst unter Verwendung einer Objektschnittstelle von der Altanwendung ab. Die Objektmappe beinhaltet ein Objekt weniger, das nun selbständig geworden ist. Bei diesem Vorgang sind die Adapter zu den Teilen der Altanwendungen entsprechend anzupassen. Jetzt ist die Altanwendung bereits intern in dem Teil objektorientiert strukturiert, in dem das abgespaltene Objekt mit der Objektmappe über den Object Request Broker kommuniziert. Die Funktionalität ist wie bisher gewährleistet. Im dritten Schritt wurde das abgespaltene Objekt in der dezentralen Welt neu implementiert und aus der Großrechner-Welt entfernt. Für die übrigen Objekte ist diese Änderung ohne Belang, da der Object Request Broker das geänderte Nachrichtenrouting übernimmt.



gotop.gifObjektmappen nicht an alten Strukturen orientieren

Die geschilderte Vorgehensweise ist von der Logik her schlüssig und vollständig. Die Problematik liegt in der gründlichen und vorausschauendenPlanung der Objektmappen mit ihren Objekten und Methoden. Gerade weil die Objektorientierung eine völlig andere Sichtweise bezüglich Daten-, Methoden- und Schnittstellenstrukturen beinhaltet als die Altanwendungen, wäre es gefährlich, sich beim Entwurf der Objektmappen an den alten Strukturen zu orientieren. Hier werden im Regelfalle die Fachleute der Altanwendung qualifizierte Hilfe benötigen, um nicht der Betriebsblindheit anheimzufallen.


gotop.gifWo liegt der Nutzen ?

Der Nutzen dieser gleitenden Umstellung liegt darin, daß neue Wege gegangen werden können, ohne gleich die gesamten Anwendungen neu zu implementieren. Bei großen Unternehmen wäre der Sprung ins kalte Wasser ohnehin unmöglich, bei den anderen höchst bedenklich. Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß die Mängel der alten Strukturen und Schnittstellen bei geschickter Konzeption der Objektmappen so kaschiert werden können, daß sie nicht auf die neue Welt durchschlagen. Sie werden in den jeweiligen Adaptern abgefangen und sind bei einer späteren Neuimplementierung vollständig beseitigt. Der Hauptaufwand liegt hierbei nicht in der Technik, sondern in der sorgfältigen und sachgerechten Planung des Übergangs.



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